JoomlaTemplates.me by Discount Bluehost

Arme Kuh: Früher Königin, heute Killerin

Veröffentlicht: Samstag, 31. August 2024

Einem der ältesten Nutztiere der Menschheit – der Kuh respektive dem Rind – soll es an den Kragen gehen. Wurde sie früher noch verehrt, ist sie heute als Klimakillerin verschrien.

kuh klimawandel

Foto: Ikiwaner, CC BY-SA 3.0 / Wikimedia Commons

In Indien lautet ihr Name (in Sanskrit) „aghnya“. Das bedeutet „die Unantastbare“. Auch von unseren Vorfahren in Europa wurde sie lange verehrt. Doch seit ein paar Jahren ist ihr Stern rapide am Sinken. Vielen gilt sie als ein Relikt aus alten Zeiten, das nicht mehr gebraucht wird, bestenfalls vielleicht noch als Kuriosität im Streichelzoo gehalten werden sollte. Viele andere möchten die Tiere schnellstmöglich beseitigt wissen, denn sie sind überzeugt, in ihr eine der grössten Bedrohungen für diesen Planeten erkannt zu haben. Gemeint ist die Kuh, diese gemütliche Vierbeinerin, die unsere europäische Landschaft seit Jahrtausenden prägt, nun aber als Klimakillerin gebrandmarkt ist. Was ist hier nur geschehen? Wie konnte ein einst so geschätztes Tier innerhalb weniger Jahre so sehr in Ungnade fallen, dass beispielsweise Irland in den nächsten drei Jahren rund 200'000 Kühe töten und direkt entsorgen will?

Bei Klimawandel denkt man oft an Kühe

„Ich halte es für einen der grössten Erfolge der Ölkonzerne, erreicht zu haben, dass tatsächlich die meisten Menschen an die Kuh denken, wenn die Rede vom Klima und von Methan ist. Und das auf allen Kontinenten“, sagt die Tierärztin Anita Idel, Lead-Autorin des Weltagrarberichts 2009. Und ist es nicht so? Haben wir beim Thema Klimawandel nicht schnell das Bild der methangasrülpsenden und -furzenden Kuh vor Augen? Nach Tierärztin Idel ist dies eine perfekt gezündete Nebelkerze, ein Scheinzusammenhang, den es so nicht gibt, der aber durch eine mehr als dubiose Studie der Welternährungsorganisation FAO von 2006 abgesegnet wurde und damit quasi universale Gültigkeit erhalten hat.

Stimmt es denn nicht, das mit dem Rülpsen und Pupsen?

Doch, doch, damit hat es schon seine Richtigkeit. Genau genommen ist es aber nicht die Kuh, die das Methan produziert, sondern eine ganze Lebensgemeinschaft von Mikroorganismen in ihrem Verdauungssystem. Erst durch sie – und der einzigartigen Konstruktion des Verdauungstraktes selbst – gelingt der Kuh und anderen Wiederkäuern, was sonst keiner kann: die Energie aus Zellulose für sich nutzbar zu machen. Was für viele ein Problem ist, erachtet Wilhelm Windisch, emeritierter Professor für Tierernährung an der Technischen Universität München, deshalb als „evolutionäre Errungenschaft“. „Die Leistungsfähigkeit der Wiederkäuer, mit Hilfe der Mikroorganismen für den Menschen nicht essbare Biomasse abzubauen, ist unerreicht“, sagt er bewundernd.

Das ist durchaus relevant, denn mehr als zwei Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Erde ist sogenanntes Grünland und für den Ackerbau nicht geeignet. Selbst von einer Getreidepflanze kann der Mensch nur etwas mehr als zehn Prozent verwerten, der Rest ist „Abfall“. Nicht aber für die Wiederkäuer, sie können sich davon ernähren (wenn auch nicht ausschließlich). Wer etwas weiterdenkt, erkennt schnell, dass die Kuh aus Flächen, die wir nicht nutzen können, und Substanzen, die wir nicht verwenden können, Wertvolles für uns produziert, wie eben beispielsweise Fleisch und Milch. Doch das ist noch längst nicht alles. Bevor wir das aber weiter ausführen, wenden wir uns noch einmal der Methandiskussion zu.

Das Klimagas Methan stammt mehr von fossilen Quellen als von Kühen

Denn Fakt ist, dass Methan ein starkes Klimagas ist (was im Rahmen des natürlichen Methankreislaufs unproblematisch wäre) und dass der Methananteil in der Atmosphäre in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Allerdings ging die weltweite Rinderpopulation seit 1990 enorm zurück. Um den natürlichen Methankreislauf überhaupt zu beeinflussen, müssten wir aber sehr viele Rinder zusätzlich halten, erklärt Professor Windisch. Sind dann vielleicht andere Wiederkäuer das Problem? Giraffen etwa, die sehr viel mehr Methangas ausstossen? Schlüssig argumentiert müssten dann in Afrika die Giraffen dezimiert werden, um das Klima zu retten. Ob diese Idee aber genauso viele Unterstützer finden würde wie bei der Kuh? ... Wie dem auch sei, an den Wiederkäuern liegt es ziemlich sicher nicht, dass in der Erdatmosphäre mehr Methan vorkommt. Methan entsteht auch beim Reisanbau oder wenn organisches Material in Sümpfen verrottet. Vor allem aber entweicht Methan in die Atmosphäre, wenn wir es bei der Förderung von Erdöl und Erdgas (das nichts anderes ist als fossiles Methan) aus dem Boden holen. Dies geschieht insbesondere beim Fracking, wo es zu vielen Methanverlusten kommt. Man weiss seit Jahrzehnten, dass der Zuwachs an Methan in der Atmosphäre in Wahrheit aus fossilen Quellen stammt.

Das Problem der Kuh ist, dass sie keine Lobby hat in einer von mächtigen Akteuren geprägten Industrie. Liegt der Fokus auf den Gasen, die die Kuh absondert, schaut keiner so genau hin, was denn die Flotten von Mähdreschern und Traktoren oder anderen riesigen maschinellen Gerätschaften auf den agroindustriellen Grossbetrieben an Klimagasen ausstossen. Keiner fragt nach den Auswirkungen der rund 120 Millionen Tonnen Stickstoffdünger, die in der intensiven Landwirtschaft jährlich weltweit ausgebracht werden. Nicht nur wird dieser Kunstdünger mittels fossiler Energieträger produziert. Bei seiner Zersetzung entsteht auch Lachgas (N2O), welches dreihundertmal klimawirksamer ist als Kohlendioxid (CO2) und rund 109 Jahre lang in der Atmosphäre verbleibt. Methan (CH4) hingegen ist ungefähr fünfundzwanzigmal klimawirksamer als CO2 und zerfällt nach etwa elf Jahren. Da fragt man sich dann schon, ob das Lachgas aus dem Kunstdünger nicht vielleicht das größere Problem ist als das Methan aus dem Kuhmagen!

Wer hat ein Interesse daran, die Kuh als Klimakillerin hinzustellen?

Wie gesagt, der Öl- und Gasindustrie dient die Kuh als willkommener Sündenbock, um von den eigenen Verschmutzungen abzulenken. Und natürlich sei dies „auch ganz im Sinne derer, die an der Industrialisierung der Landwirtschaft verdienen“, erklärt Tierärztin Idel. Die Agrarindustrie hat nämlich nichts davon, wenn die Kuh auf der Wiese steht, und sich mit dem begnügt, was dort eben so wächst. Erst wenn die Kuh im Stall verschwindet, wird es interessant. Dann braucht es nämlich Maschinen zum Mähen und Düngen der Weide, die dann eine Wiese ist. Es braucht Kraftfutter wie Soja, Mais oder Getreide zur Ernährung der Tiere im Stall. Es braucht wahrscheinlich Spritzmittel gegen sogenannte Schädlinge und meist auch mehr Medikamente für die Kühe, die wir zu Milchproduktionsmaschinen hochgezüchtet haben.

Belasten Kühe auf der Weide das Klima stärker als Stallkühe?

Studien, die „beweisen“, dass Kühe im Stall das Klima weniger belasten als solche, die draussen weiden, kommen der Industrie da gerade recht. So wird dann beispielsweise behauptet, dass eine Stallkuh, die 4'000 Liter Milch im Jahr gibt und nur 10 Prozent Kraftfutter bekommt, 69 Gramm Methan pro Liter Milch ausstosse. Eine Stallkuh, die 12'000 Liter Milch gibt, aber sogar 50 Prozent Kraftfutter erhält, belaste das Klima hingegen nur mit 36 Gramm Methan pro Liter Milch. Der Fall ist somit klar: Am besten für das Klima sind Hochleistungskühe, die im Stall stehen und mit einer Menge Kraftfutter versorgt werden.

Was jedoch in all diesen Studien fehlt, ist der Vergleich zwischen Stallkühen und Weidekühen. Diesen Vergleich hat die Universität Kiel auf ihrem Bio-Versuchsgut Lindhof mit Jersey-Rindern gemacht, die auf die Weide durften und kein zusätzliches Kraftfutter erhielten. Der Versuchsleiter Professor Friedhelm Taube: „Pro Kilogramm Milch haben wir mit acht bis neun Gramm Methan Emissionen, die die niedrigsten sind, die man überhaupt in der internationalen Literatur findet.“ Ein klares eins zu null für die Weidekuh!

Die These des Wasserverschleisses

Wenn aber die Methan-These auf tönernen Füssen steht, dann ist da immer noch das Problem des massiven Wasserverschleißes. 15'415 Liter Wasser verbrauche die Produktion eines einzigen Kilos Rindfleisch, kann man immer wieder lesen. Forscht man genauer nach, wird schnell klar, dass diese Behauptung eine Legende ist, oder sagen wir: ein Rechenmärchen. Die Zahl stammt aus einer Studie der Universitäten von Nebraska (USA) und Twente (Niederlande) aus dem Jahr 2010 mit dem Titel „Der grüne, blaue und graue Wasser- Fussabdruck von Nutztieren und tierischen Produkten». Es handelt sich dabei um virtuelles Wasser. Grau steht für Verschmutzung (z. B. Stallreinigung), Blau für Wasser aus Gewässern oder Grundwasser und Grün für alles Regen- und Bodenwasser. Für die Berechnung des Wasser-Fussabdrucks wird alles Wasser betrachtet, das für die Aufzucht des Tieres benötigt wird. Das heisst nun aber nicht, dass die Kuh oder der Stier all dieses Wasser getrunken hat. Dafür müsste beispielsweise ein Mastbulle täglich über 11'000 Liter Wasser trinken! Es kann auch schlicht das Wasser sein, das als Regen auf die Weide gefallen und nachher im Boden versickert ist.

Zu behaupten, die Kuh habe das Wasser verbraucht, wäre etwa so, als würde man argumentieren, das Gras oder der Wald verbrauche Wasser. Tatsächlich entfallen rund 94 Prozent des Wasser-Fussabdrucks der Kuh auf Regenwasser! Schon hier dürfte klar sein, dass diese horrende Zahl von über 15'000 Litern kaum Aussagekraft hat. Noch absurder ist aber diese Schlussfolgerung aus der Studie. So heisst es auch, dass rund das Doppelte an Wasser pro Kilogramm Rindfleisch verbraucht wird, wenn das Tier auf der Weide statt im Stall steht. Klar, denn im Stall regnet es halt einfach seltener als im Freien.

Beim Thema Klima ist einiges ganz anders, als die Menschen glauben gemacht werden. Kaum ein Thema wird so heftig diskutiert, kaum ein Thema wurde so stark verpolitisiert und bei kaum einem anderen Thema werden die Fakten in so vielen Punkten so grundlegend falsch dargestellt wie beim sogenannten Klimawandel. Die Gründe dafür sind so alt wie die Menschheit selbst: Macht und Geld, und der Versuch, Dinge durchzusetzen, denen die Menschen nicht freiwillig zustimmen würden, befänden sie sich nicht so sehr im Griff der Angst.

Quelle: ZeitenSchrift.com - Ausgabe Nr. 118